18.12.2025
Kultur
Chiang Mai auf dem Weg zum UNESCO-Welterbe
Thailands ehemalige Lanna-Hauptstadt vor internationaler Anerkennung
Politisches Signal aus Bangkok
Den entscheidenden Schritt machte das nationale Komitee zum Schutz des Welterbes bei seiner fünften Sitzung am 16. Dezember. Den Vorsitz führten Vizepremierminister und Umweltminister Suchart Chomklin gemeinsam mit Kulturministerin Sabina Thaised. Das Gremium, dem neben Kultur- und Umweltbehörden auch Vertreter des Außenministeriums angehören, billigte einstimmig die offizielle Nominierung unter dem Titel „Chiang Mai: Hauptstadt von Lanna“.Damit ist der Weg frei, den Antrag als Kulturerbestätte bei der UNESCO einzureichen – vorbehaltlich der formalen Zustimmung des thailändischen Kabinetts.
Zeitdruck durch neue UNESCO-Regeln
Chiang Mai steht bereits seit 2015 auf Thailands sogenannter Tentativliste für das Welterbe. Dieser Status ist entscheidend, denn er erlaubt eine direkte Nominierung ohne vorgelagerte Prüfphase. Genau dieses Zeitfenster schließt sich jedoch bald: Der 30. Januar 2026 ist der letztmögliche Termin, an dem bereits gelistete Stätten ohne eine zusätzliche zweijährige Vorprüfung eingereicht werden können.Die thailändische Regierung versucht daher, das Verfahren gezielt zu beschleunigen. Rawiwan Phuridej, Staatssekretärin im Umweltministerium, erklärte, dass das vollständige Nominierungsdossier bereits überarbeitet worden sei. Dabei seien alle Rückmeldungen des UNESCO-Welterbezentrums eingearbeitet worden. Nach ihrer Einschätzung ist der Antrag nun reif für die Kabinettsentscheidung und könnte bei rechtzeitiger Freigabe innerhalb des aktuellen Zeitfensters eingereicht werden – ein strategischer Schritt, um jahrelange Verzögerungen zu vermeiden.
Das kulturelle Herz des Lanna-Reiches
Im Zentrum der Bewerbung stehen sieben Tempelanlagen, die gemeinsam die architektonische, religiöse und kulturelle Entwicklung der Lanna-Zivilisation widerspiegeln. Sie repräsentieren unterschiedliche Epochen, Stilrichtungen und religiöse Einflüsse, die Chiang Mai über Jahrhunderte geprägt haben.Dazu zählt Wat Chiang Man, der älteste Tempel der Stadt, gegründet von König Mangrai selbst. Wat Chedi Luang war einst Standort des größten Stupa des Lanna-Reiches und symbolisiert die politische und religiöse Bedeutung Chiang Mais. Wat Phra Singh vereint Kunstwerke aus mehreren Lanna-Perioden und beherbergt eine der am höchsten verehrten Buddha-Darstellungen Nordthailands.
Mit Wat Suan Dok wird zudem die enge kulturelle Verbindung zwischen Lanna, Sukhothai und dem birmanischen Bagan sichtbar; zugleich dient die Anlage als königliche Begräbnisstätte nordthailändischer Adelshäuser. Ein architektonisches Unikum stellt Wat Umong dar, dessen unterirdische Tunnelanlage in Thailand einzigartig ist. Hoch über der Stadt thront Wat Phra That Doi Suthep, eines der spirituell bedeutendsten Heiligtümer Nordthailands und ein zentrales Symbol des Lanna-Buddhismus. Ergänzt wird das Ensemble durch Wat Chet Yot, dessen Bauweise von indischen Vorbildern inspiriert ist und alle sieben heiligen Stätten des Buddhismus – die Sattamahasthana – symbolisch vereint.
Stadtstruktur als Teil des Welterbes
Neben den Tempeln ist auch die historische Stadtanlage selbst Teil der Bewerbung. Chiang Mais ursprünglicher quadratischer Grundriss, die erhaltenen Stadtmauern und die umlaufenden Wassergräben dokumentieren eindrucksvoll das städtebauliche Konzept der Lanna-Zeit. Diese Struktur gilt als seltenes Beispiel einer vormodernen Hauptstadt, deren Grundlayout bis heute lesbar geblieben ist.Bowornwet Rungreungkiat, ehemaliger Leiter des Fine Arts Department und Mitglied des nationalen Welterbekomitees, betont die internationale Bedeutung der Stätte. Die Bauwerke aus der Lanna-Zeit seien nicht nur für Thailand kulturell prägend, sondern erfüllten auch die strengen UNESCO-Kriterien des sogenannten Outstanding Universal Value – also eines außergewöhnlichen universellen Wertes, der über nationale Grenzen hinaus Bedeutung besitzt.
Schutz, Identität und nachhaltiger Tourismus
Wie die Zeitung Khaosod berichtet, verbindet die Regierung mit der Welterbe-Anerkennung klare Ziele. Zum einen soll die kulturelle Identität Chiang Mais langfristig geschützt werden, insbesondere angesichts zunehmender Urbanisierung und touristischer Verdichtung. Zum anderen erhofft man sich eine gezielte Entwicklung des nachhaltigen Tourismus – ähnlich wie es bei den bereits anerkannten Welterbestätten Sukhothai und Ayutthaya gelungen ist.Parallel: Chiang Mai als neue MICE-Metropole
Unabhängig vom UNESCO-Verfahren befindet sich Chiang Mai derzeit in einem weiteren Transformationsprozess. Die Stadt entwickelt sich rasant zu einem bedeutenden Standort für MICE-Tourismus – also für Kongresse, Incentive-Reisen, Messen und Ausstellungen. Diese wirtschaftliche Dynamik verleiht der Welterbe-Bewerbung zusätzliche Brisanz, denn sie verschärft zugleich die Herausforderung, kulturelles Erbe, Stadtentwicklung und wirtschaftliche Interessen in Einklang zu bringen.Sollte die Nominierung erfolgreich sein, würde Chiang Mai nicht nur international aufgewertet, sondern auch eine neue Phase seiner Stadtgeschichte einläuten. Die Entscheidung der UNESCO hätte weitreichende Folgen für Denkmalpflege, Stadtplanung und Tourismusstrategie – und würde die ehemalige Lanna-Hauptstadt endgültig auf die weltweite Landkarte des kulturellen Erbes setzen.
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