Koh Samui - Wenn Luxusurlaub die Insel erdrückt - Reisenews Thailand
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27.05.2025

Koh Samui  

Koh Samui - Wenn Luxusurlaub die Insel erdrückt

Von der Trauminsel zum Hochsaison-Albtraum mit Infinity-Pool

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Koh Samui – türkisblaues Meer, weiße Strände, Kokospalmen, schicke Infinity-Pools, Jetset-Promis, und natürlich: das allgegenwärtige „ White Lotus“-Feeling. Was für Millionen Touristen wie das perfekte Instagram-Motiv aussieht, ist für viele Einheimische längst zum Albtraum geworden. Die thailändische Insel, einst ein ruhiges Eiland mit Backpacker-Charme, ist heute, vor allem in der Hochsaison, ein Symbol für den Irrsinn des Overtourism – und der Punkt, an dem das „Paradies“ kippt, scheint längst erreicht.

Dr. Kannapa Pongponrat Chieochan, Tourismusexpertin und Dozentin an der Thammasat-Universität in Bangkok, hat auf Koh Samui ihre Kindheit verbracht. Ihre Forschung dreht sich um nachhaltige Entwicklung ländlicher Regionen – aber was auf ihrer Heimatinsel passiert, lässt sie die Zahlenkolonnen ihrer Studien zur Nebensache werden. Die Realität ist härter als jede Statistik. „Es kommen zu viele Touristen. Die Insel kann das nicht mehr verkraften“, sagt sie deutlich – und ihre Worte klingen nicht nach Panikmache, sondern nach einem letzten Hilferuf.

Wasserluxus für Resorts, Dürre für Dörfer

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Während Gäste im Four Seasons fröhlich baden und Golf spielen (mit fast 600 % mehr Website-Besuchen seit der „White Lotus“-Ausstrahlung – danke HBO!), bleibt der Wasserhahn bei der Bevölkerung trocken. Trinkwasser? Muss vielerorts gekauft werden. Und während Spa-Tempel mit Zen-Teichen protzen, versinken die Dörfer in Müll.
150.000 Tonnen Abfall mussten bereits auf das Festland verschifft werden – nur leider liegt die gleiche Menge noch immer auf der Insel. Wohlgemerkt: auf einer Fläche, die kleiner ist als Berlin-Tegel.

Wer sich an die ökologische Katastrophe von Maya Bay auf Phi Phi Leh erinnert (Stichwort „The Beach“ mit DiCaprio), wird ein unangenehmes Déjà-vu erleben. Auch dort: zu viele Touristen, kaputtes Ökosystem, schließlich Totalsperrung. Auf Koh Samui wäre das undenkbar – nicht wegen besserer Vorsorge, sondern weil „zu viel Geld im Spiel“ ist, wie Kannapa nüchtern feststellt. Die Investoren – viele aus China – würden eher die Insel untergehen lassen, als auf Einnahmen zu verzichten.

Vom Gemeinschaftsgefühl zur Gated Community

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Früher schliefen Rucksackreisende in Gästezimmern bei einheimischen Familien, aßen Pad Thai am Straßenstand und hinterließen höchstens ein paar müde Baht. Heute wohnen die meisten Touristen in Resorts, die ausländischen Konzernen gehören. Die Gewinne fließen ins Ausland, die Preise steigen vor Ort – für Wasser, für Lebensmittel, für Grundstücke. Für die ursprünglichen Bewohner bedeutet das: verkaufen oder verdrängt werden.

Und so kehren sich die Rollen um: Die Einheimischen sind es, die sich zurückziehen – in Kokosplantagen oder aufs Festland. Die einst offene Gemeinschaft ist müde, genervt und zunehmend unsichtbar. „Man verliert Identität, Zugehörigkeit – die Seele des Ortes“, sagt Kannapa.

Selbst Langzeit-Auswanderer wie der aus San Francisco stammende Ron Yaary spüren, wie sich das Klima verändert – nicht nur das meteorologische. „Die Ausländer sind überall – und sie sind unhöflich“, sagt er. Anspruchsdenken, Besitzgier, Dauermeckerei – das westliche Ego reibt sich am asiatischen „Sabai sabai“. Die Höflichkeitsformeln der Thailänder wirken gegen Gäste, die sich benehmen wie auf einem All-Inclusive-Battle-Royal.

„White Lotus“: Marketingcoup mit Kollateralschäden

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Die Serie „ White Lotus“ mag als bissige Satire auf Luxustourismus gedacht gewesen sein – in Koh Samui wurde sie zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Während HBO Zuschauer an die Bildschirme fesselte, fesseln die Folgen die Insel an einen Teufelskreis aus Gier, Wachstum und Verdrängung.

Dass Koh Samui inzwischen auf der „No-Go“-Liste des Reiseverlags Fodor’s steht – neben Venedig und Barcelona – ist kein Zufall. Die Touristendichte liegt viermal höher als in der Pariser Region Île-de-France. Mehr als 3,5 Millionen Menschen besuchten 2023 die Insel. Tendenz: weiter steigend. Infrastruktur? Fehlanzeige. Verkehr, Abfallentsorgung, Trinkwasserversorgung – alles am Limit. Während es in der Nebensaison von Mai bis November noch halbwegs erträglich ist, ist die Hauptsaison von Dezember bis März dann doch weit weg von Idylle.

Doch Hoffnung keimt – ganz leise

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Und trotzdem – oder gerade deswegen – gibt es auch Gegenbewegung. Junge Einheimische, die in Bangkok studiert haben, kehren zurück. Sie übernehmen Familienbetriebe, kämpfen für nachhaltigen Tourismus und versuchen, das Ruder noch irgendwie herumzureißen.

Für Kannapa ist Koh Samui trotz allem Heimat geblieben. Ihre Botschaft an die Welt: „Ich freue mich, wenn Menschen neue Reiseziele entdecken. Aber sie müssen verstehen, wie viel eine Insel verträgt.“

Koh Samui ist das Paradebeispiel für den Kipppunkt touristischer Entwicklung. Die Insel wurde vermarktet wie ein Lifestyle-Produkt – und wird nun von ihrer eigenen Popularität erdrückt. Die lokale Bevölkerung zahlt den Preis für fremde Urlaubsfantasien. Was bleibt, ist eine Insel, die immer weniger denen gehört, die sie einst geprägt haben – und immer mehr denen, die sie konsumieren.

Oder wie es ein thailändischer Dorfbewohner wohl sagen würde: „Zu viele Farangs, zu wenig Seele.“
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