30.09.2025
Umwelt
Mehr grüne Energie: Thailands Stromnetz am Wendepunkt
Warum Speicher und KI Thailands Energiewende retten könnten
Lektion aus Spanien und Portugal
Im April dieses Jahres kam es auf der Iberischen Halbinsel zu massiven Stromausfällen. In Teilen Spaniens und Portugals brach an einem Sonntagnachmittag das öffentliche Leben zusammen – Züge blieben stehen, Internetverbindungen brachen ab, und selbst Bankautomaten waren stundenlang funktionsunfähig. Erst am nächsten Morgen floss der Strom wieder – bei einigen Regionen dauerte es noch länger.Zunächst machten internationale Analysten die starke Abhängigkeit Spaniens von Wind- und Solarstrom für den Ausfall verantwortlich, was sich jedoch als Irrtum herausstellte. Die spanische Regierung und die nationale Energiebehörde stellten nach Abschluss ihrer Untersuchung klar: Die Ursache war nicht der hohe Anteil erneuerbarer Energien, sondern eine unzureichende Anbindung des Landes an das europäische Stromnetz, mangelnder Speicherausbau und unzureichende Planung und Vernetzung.
Spaniens Stromnetz ist bislang nur schwach mit dem übrigen EU-Verbundnetz verbunden – im Notfall kann also kaum Energie importiert oder exportiert werden, um plötzliche Spannungs- und noch mehr Frequenzschwankungen auszugleichen. Genau diese mangelnde Integration führte im April zu einer Kettenreaktion im Netz, die schließlich den großflächigen Ausfall auslöste.
2023 stammten 57 % der spanischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, vor allem Solar-, Wind- und Wasserkraft. Doch der Vorfall zeigte: Selbst wenn grüne Energie zuverlässig produziert wird, muss das Stromsystem sie auch stabil transportieren und verteilen können.
Thailand auf ähnlichem Kurs
Auch Thailand treibt den Ausbau der Erneuerbaren kräftig voran. Laut dem Power Development Plan (PDP) soll der Anteil sauberer Energien von derzeit etwa 20 % (Stand Ende 2023) auf 51 % bis 2037 steigen. Kohle und Gas sollen im Gegenzug auf unter 50 % fallen, während Atomkraft und neue Energielösungen nur eine symbolische Rolle von etwa 1 % übernehmen.Ein ehrgeiziger Plan – aber auch ein riskanter. Denn wie in Europa hängt die Stromproduktion aus Sonne und Wind in Thailand stark von Wetter, Tageszeit und Jahreszeit ab. Wolken, Windstille oder lange Regenperioden können die Strommenge massiv schwanken lassen. Das muss nichts ausmachen, aber es muss anständig geplant werden und die Netzfrequenz sicher geregelt werden.
Thawatchai Samranwanich, stellvertretender Gouverneur der Electricity Generating Authority of Thailand (Egat), bestätigt die wachsende Sorge: „Wir haben die Vorfälle in Spanien und Portugal genau analysiert und werden gemeinsam mit den staatlichen Energieversorgern Maßnahmen entwickeln, um die Stabilität unseres Netzes zu sichern.“ Gemeint sind vor allem die Metropolitan Electricity Authority (Bangkok und Umgebung) sowie die Provincial Electricity Authority für den Rest des Landes.
Technische Lösungen statt Wunschdenken
1. Batteriespeicher (BESS)
Der Schlüssel liegt in der Zwischenspeicherung.Sogenannte Battery Energy Storage Systems (BESS) speichern überschüssigen Strom, wenn Wind und Sonne gerade mehr liefern, als verbraucht wird – und geben ihn bei Flaute oder Dunkelheit wieder ab. In Thailand testet Egat bereits solche Systeme in den Provinzen Chaiyaphum und Lop Buri. Dort puffern Lithium-Ionen-Batterien die Netzschwankungen ab und gewährleisten eine kontinuierliche Stromversorgung, auch wenn Solarparks oder Windräder gerade Pause machen.
2. Netzmodernisierung
Doch Speicher allein reichen nicht. Das thailändische Stromnetz wurde für große zentrale Kraftwerke gebaut – nicht für tausende dezentrale Solar- und Windquellen.Experte Surachai Chaitusaney von der Chulalongkorn-Universität fordert daher eine umfassende Modernisierung und Digitalisierung des Stromnetzes: „Das Netz muss flexibler und intelligenter werden, um Stromflüsse in Echtzeit zu steuern und Schwankungen auszugleichen.“3. Künstliche Intelligenz im Energiemanagement
Ein Beispiel dafür liefert das Energieunternehmen Banpu Plc, das in Australien in eine moderne Großspeicheranlage investiert.Die Anlage kann 1.400 Megawattstunden Strom speichern – genug, um 230.000 Haushalte vier Stunden lang während der Spitzenzeiten zu versorgen.
Eine künstliche Intelligenz (KI) analysiert permanent die Netzdaten und entscheidet selbstständig, wann Strom gespeichert oder ins Netz eingespeist wird. Solche Systeme könnten auch in Thailand zum Einsatz kommen, um den Übergang zu einer stabilen „grünen“ Stromversorgung zu ermöglichen.
Der Weg zu einer klimafreundlichen Energiezukunft ist kein Spaziergang durch den Solarpark.
Thailand steht – wie viele Länder – vor der Herausforderung, saubere Energie auch sicher und stabil zu machen. Ohne Speichertechnologien, intelligente Netze und präzise Planung droht das, was eigentlich die Zukunft sichern soll, selbst zum Risiko zu werden: der großflächige Blackout im Namen des Klimaschutzes. Erneuerbare Energien sind unverzichtbar – aber nur dann wirklich nachhaltig, wenn sie auch zuverlässig fließen.
Quellen: EGAT, The Nation
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