19.05.2025
Umwelt
Thailand - warnendes Beispiel für den Klima-Kipppunkt
Expertenwarnungen: Das wird schlimmer - nicht besser
Meeresbiologe Thon Thamrongnawasawat von der Kasetsart-Universität fand klare Worte: „Was wir früher als extrem selten bezeichnet haben, wird künftig Routine.“ In einem vielbeachteten Beitrag warnte er vor einer Zukunft, in der Sturzfluten zur Regel, Super-Taifune zur Normalität und Landwirtschaft zur Lotterie werden. Der Klimawandel, so Thon, zerstöre nicht nur Felder, Straßen und Städte - sondern auch das marine Ökosystem.
Ein Vorgeschmack auf das, was Thailand erwartet, war der Verkehrskollaps auf der Bang Na-Trat Road im Großraum Bangkok, wo am 16. Mai durch anhaltenden Starkregen über Dutzende Kilometer hinweg nichts mehr ging. Diese Art von Megastaus werde laut Thon in Zukunft häufiger und länger andauern, weil das Wassermanagement nicht mit dem Klimatempo mithalten könne. Stellenweise verwandelten sich urbane Zentren und ländliche Regionen gleichermaßen in Seenlandschaften. Die Bilanz: mindestens zwölf Todesopfer und über 640.000 betroffene Haushalte – Tendenz steigend.
Staatliche Reaktion: Komitee statt Konzept
Der Umweltpolitiker Vatanarak Amnucksoradej, Vizechef des Clean Air Act Committee, übte scharfe Kritik an der thailändischen Regierung: „Während andere Länder an echten Net-Zero-Lösungen arbeiten, verliert sich Thailand in Arbeitsgruppen und Notfallbudgets.“ Statt langfristiger Strukturpolitik gebe es nur Pflasterlösungen, die allenfalls kurzfristige Linderung bringen – aber keine Resilienz aufbauen.Vatanarak fordert ein echtes Klimarahmenwerk: Förderung sauberer Energie, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, verschärfte Umweltgesetze, Investitionen in grüne Technologien und wirtschaftliche Anreize wie CO₂-Steuern. Der Klimawandel sei kein reines Umweltproblem mehr, sondern eine existenzielle Systemfrage, die ganzheitlich gedacht werden müsse.
Thailand hat im Jahr 2024 einen Klimarealitätscheck der härteren Sorte durchlebt. Nie zuvor waren Extremwetterlagen so intensiv, so zerstörerisch – und so häufig. Was früher als seltenes Naturereignis galt, wird zunehmend zum neuen Normalzustand: Rekordhitze im Nordosten, monsunbedingte Jahrhundertfluten im Norden, Infrastruktur am Anschlag und eine Regierung, die weiterhin vor allem auf kurzfristige Flickschusterei setzt. Experten schlagen Alarm – und zwar lauter denn je.
Hitzerekorde 2024: Wenn der Sommer zur Gefahr wird
Im Mai 2024 herrschten in Teilen Nordostthailands gefühlte Temperaturen von über 52 °C – ein Wert, der nicht nur den Kreislauf, sondern auch die Statistik zum Kollaps brachte. Das thailändische Gesundheitsministerium meldete 61 Hitzetote, mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr zuvor. Besonders betroffen waren landwirtschaftlich geprägte Regionen wie Isan, wo Arbeits- und Lebensbedingungen unter diesen Extremen kaum noch aufrechterhalten werden konnten.In der Provinz Lampang im Norden stieg das Thermometer auf 44,2 °C, nur einen Hauch unter dem bisherigen nationalen Höchstwert. Noch dramatischer war jedoch die anhaltende Hitzeperiode im Nordosten, wo über 33 Tage am Stück die Temperaturen nicht unter 40 Grad fielen – ein neuer Landesrekord. Zum Vergleich: Der bisherige Höchstwert lag bei 13 aufeinanderfolgenden Hitzetagen über 40 Grad im Jahr 2023.
Flut im Norden: Wenn der Regen kein Ende kennt
Ab Mitte August 2024 brachte der Monsun nicht nur erlösende Kühlung – sondern auch eine desaströse Wasserlawine. 37 Provinzen meldeten massive Überschwemmungen, betroffen waren über 193.000 Familien in über 5.300 Dörfern. Besonders dramatisch war die Lage im Norden: Chiang Mai, Chiang Rai und angrenzende Regionen standen wochenlang unter Wasser. 106.000 Haushalte dort kämpften mit Stromausfällen, zerstörten Häusern und völliger Isolation. In Chiang Rai wurde der zentrale Markt zwölfmal überflutet und achtmal vollständig wiederhergestellt – ein Symbol für die neue Klimawirklichkeit: Man repariert, was morgen erneut zerstört wird.Das Wetter hat sich nicht nur geändert – es hat sich radikalisiert
Thailand 2024 ist ein warnendes Beispiel für den globalen Kipppunkt. Extremtemperaturen und Dauerregen, Hitzetote und Ernteausfälle, kollabierende Infrastruktur und sterbende Korallen – die Katastrophen sind real, messbar und spürbar. Was fehlt, ist eine mutige politische Vision, die über den nächsten Monsun hinausdenkt. Denn klar ist: Der nächste kommt bestimmt – und diesmal heftiger.Diese Seite verwendet
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