18.05.2025
Umwelt
Thailands heiße Quellen sollen Heilbäder werden
Tourismusmagnet und Wellnesswunder oder Umweltwagnis?
Doch so wohltuend die Vision klingt, bleibt die Frage: Wird hier wirklich nachhaltige Entwicklung betrieben – oder wird Natur zur Kulisse für das nächste Instagram-Erlebnis degradiert?
Vom dampfenden Quell zur Markenstrategie
Laut Nattareeya Thaweewong, Staatssekretärin im Ministerium für Tourismus und Sport, wurde 2023 landesweit eine umfassende Erhebung durchgeführt. Ergebnis: Es gibt 118 heiße Quellen, davon 71 im Norden, 32 im Süden, 12 im Zentrum und zwei im Osten. Diese lassen sich in vier Typen einteilen – von isolierten Naturquellen bis hin zu städtisch genutzten Thermalbereichen.Ziel der Initiative ist es, diese „natürlichen Ressourcen“ in touristisch verwertbare Produkte zu verwandeln – hochwertige Spa-Resorts, Gesundheitszentren und ganzheitliche Erholungsorte, eingebettet in sogenannte „Spa Towns“. Die Strategie: Hot Springs + regionale Sehenswürdigkeiten = touristischer Magnet + regionales Einkommen. Vor allem sekundäre Städte sollen vom neuen Strom erholungssuchender Besucher profitieren. Eine einfache Rechnung… oder?
San Kamphaeng als Vorzeigeobjekt – Zahlen, Zonen, Zukunft
Das erste große Testfeld für Thailands geplante Spa-Town-Offensive liegt in der Provinz Chiang Mai. Die dortigen San Kamphaeng Hot Springs wurden als Pilotprojekt für das nationale Onsen-Vorhaben ausgewählt. Bereits im Jahr 2023 zählte die Anlage beachtliche 384.619 Besucher und erzielte Einnahmen in Höhe von rund 3,5 Millionen Baht, was etwa 89.000 Euro entspricht – ein solides Fundament für die geplante Ausweitung.Der staatlich koordinierte Entwicklungsplan sieht eine stufenweise Umsetzung vor. In der ersten Phase, die von 2025 bis 2027 laufen soll, liegt der Fokus auf dem Ausbau der Infrastruktur, einschließlich Zufahrtsstraßen, sanitären Einrichtungen und Serviceeinrichtungen. Hierfür sind 197 Millionen Baht, also rund 5 Millionen Euro, eingeplant. Die zweite Phase ab dem Jahr 2027 soll – vorausgesetzt, die erste zeigt den gewünschten Effekt – den Aufbau touristischer Gesundheitsangebote und Wellnessbereiche umfassen, mit einem Budget von 253 Millionen Baht, was etwa 6,5 Millionen Euro entspricht. In einer dritten Entwicklungsstufe will man die Lebensqualität der lokalen Bevölkerung stärken, etwa durch Schulungen, Beteiligungsmodelle und nachhaltige wirtschaftliche Impulse.
Aktuell befindet sich die Provinz Chiang Mai noch im Ausschreibungsprozess für ein beratendes Planungs- und Designteam, das die Machbarkeit und Details des Projekts prüfen soll. Die Vertragsunterzeichnung mit den zuständigen Stellen wird für den 24. Juni erwartet.
Wellness für Touristen – Stress für die Umwelt?
So vielversprechend die Pläne klingen, so viele kritische Fragen wirft das Projekt auf. Vor allem in Bezug auf den Einfluss auf Natur und Ökosysteme. Heiße Quellen sind nicht nur dekorative Wasserstellen – sie sind ökologisch sensible Zonen, mit oft einzigartiger Flora und Fauna.Die Nutzung als Massentourismusziel birgt konkrete Risiken:
- Thermalwasser wird übernutzt oder umgeleitet, was Temperaturveränderungen und Austrocknung zur Folge haben kann.
- Infrastrukturprojekte (Parkplätze, Hotels, Zufahrten) zerstören nicht selten das umliegende Naturareal.
- Abwässer aus Spa-Anlagen gefährden umliegende Böden und Fließgewässer - vor allem bei mangelnder Abwasseraufbereitung.
- Kulturelle Entfremdung: Wird die Quelle zur Kulisse für Wellness-Influencer degradiert, verlieren lokale Gemeinden oft den Bezug zu ihrer eigenen Tradition.
Besonders problematisch ist die Verwandlung isolierter Naturquellen in künstlich aufpolierte Onsen-Kopien. Wo früher Dorfbewohner badeten oder die Quellen für Heilzwecke nutzten, könnten bald Ticketautomaten, Plastik-Slipper und Massagetermine die Szenerie bestimmen.
Natürlich hat die Entwicklung von Spa-Tourismus Potenzial: Gesundheitsorientierte Reisende sind eine wachstumsstarke Zielgruppe, sie geben viel aus und bleiben lange. Gleichzeitig kann diese Form des Tourismus Arbeitsplätze schaffen, ländliche Regionen wirtschaftlich stabilisieren und das Thema Gesundheit im Tourismus neu definieren.
Aber: Tourismusentwicklung ohne ökologischen Kompass ist kein Fortschritt, sondern ein Problemverlagerung. Die Regierung ist in der Pflicht, nicht nur schöne Pläne zu entwerfen, sondern klare ökologische Schutzmechanismen zu integrieren.
Dazu gehören:
- Umweltverträglichkeitsprüfungen
- Limits für Besucherzahlen
- Einbindung lokaler Gemeinden in Entscheidungsprozesse
- Verpflichtende Abwasser- und Energiestandards
- Regelmäßiges Monitoring der Wasserqualität
Thailand will mit heißen Quellen durchstarten – doch ob daraus nachhaltiger Spa-Tourismus oder nur dampfendes Greenwashing wird, bleibt offen. Wenn das heiße Wasser am Ende mehr Touristen als Einheimischen dient, mehr Beton als Bambus gebaut wird und mehr Instagram-Stories als Heilwirkungen entstehen, dann wird aus der Quelle der Gesundheit schnell ein Symbol für kurzsichtige Tourismuspolitik.
Erholung für Körper und Geist – ja bitte. Aber nicht auf Kosten der Natur. Wer Wellness verkauft, sollte sie nicht nur ins Handtuch sticken, sondern auch in seine Strategie schreiben.
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