09.10.2025
Leben
Thailands Mönche in der Krise - Sex, Macht und jede Menge Geld
Buddhas Schattenreich: Tempel zwischen Spenden, Skandalen und Sünde
Ein Land verliert das Vertrauen in seine Heiligen
Noch vor wenigen Jahren galt der Mönch als Symbol der Reinheit: asketisch, bescheiden, jenseits weltlicher Versuchungen. Heute kursieren Videos, in denen hochrangige Geistliche in Luxuskarossen chauffiert werden oder in Fünf-Sterne-Suiten meditieren – und nun auch solche, in denen sie offenbar noch ganz andere Bedürfnisse stillen.Der jüngste Fall: Eine Thailänderin soll über Jahre intime Beziehungen zu mehreren prominenten Mönchen gepflegt und diese später erpresst haben. Auf ihrem Handy fand die Polizei rund 80.000 kompromittierende Dateien, auf ihrem Konto hohe Geldsummen, die angeblich von den Geistlichen stammten. Einige der Mönche wurden bereits ihrer Ämter enthoben – der Oberste Ältestenrat schweigt, wie so oft, wenn es unappetitlich wird.
Moralische Leere hinter safranfarbenen Fassaden
Die Skandale kommen nicht überraschend, sondern sind das Resultat eines Systems, das jahrzehntelang jede Kritik als Sünde betrachtete. Spenden in Milliardenhöhe fließen jedes Jahr in Thailands mehr als 30.000 Tempel, doch kaum jemand weiß, wo das Geld landet. Der Abt entscheidet, der Rest nickt. Transparenz? Fehlanzeige.„Wir haben Angst, Mönche zu kritisieren“, sagt Ekachai, „uns wurde eingebläut, das sei schlechtes Karma.“ Und so wucherte die Korruption im Schweigemodus. Während Gläubige im Morgengrauen Opfergaben bringen, investieren manche Geistliche lieber in Limousinen, Smartphones und goldene Buddha-Statuen, deren Preis eher einem Kleinflugzeug gleicht als einer religiösen Reliquie.
Dhammapada-Tempelskandal
Ein weiteres, besonders dunkles Kapitel in der jüngeren Geschichte des thailändischen Buddhismus war bereits der sogenannte „Dhammapada-Tempelskandal“, der zwischen 2017 und 2020 das ganze Land erschütterte. Unter dem Deckmantel religiöser Wohltätigkeit hatten mehrere hochrangige Mönche und Beamte des National Office of Buddhism (NOB) ein landesweites Betrugssystem aufgebaut: Tempel erhielten staatliche Zuschüsse für Bildungs- und Renovierungsprojekte, mussten aber einen großen Teil davon heimlich an Funktionäre zurückzahlen. Millionenbeträge verschwanden so in privaten Taschen – Geld, das eigentlich für Gemeindearbeit, Schulen und den Erhalt alter Klosteranlagen bestimmt war.Als Ermittler der Antikorruptionsbehörde (NACC) schließlich zugriffen, kam ein Netzwerk aus Vetternwirtschaft, Erpressung und systematischem Betrug ans Licht. Mehrere Äbte wurden verhaftet, Beamte des NOB suspendiert, und selbst Mitglieder des obersten Mönchsrats gerieten unter Druck. Für viele Thais war dieser Skandal der endgültige Beweis, dass nicht nur einzelne Mönche, sondern das gesamte Verwaltungssystem des Buddhismus tiefgreifend reformiert werden muss. Doch bis heute, so kritisieren Beobachter, habe sich an den intransparenten Strukturen wenig geändert – das Vertrauen in die Institution ist nachhaltig erschüttert, und das „Haus Buddha“ steht weiterhin auf moralisch wackeligen Pfeilern.
Buddhismus auf dem Land
Auf dem Land, wo der Buddhismus noch fest im Alltag verankert ist, versuchen einfache Mönche verzweifelt, die Würde ihres Glaubens zu retten. Im Wat Sri Mongkol in Chiang Rai erklärt der Abt mit mildem Lächeln: „Unsere Aufgabe ist es, den Menschen den rechten Weg zu zeigen – Bewusstsein, Achtsamkeit, Mitgefühl.“Doch selbst hier fehlt der Nachwuchs. Die meisten Novizen stammen nicht mehr aus Thailand, sondern aus Myanmar – arme Jungen, die im Kloster eine Ausbildung und drei Mahlzeiten am Tag finden. Viele thailändische Jugendliche dagegen haben den Tempeln längst den Rücken gekehrt. Für sie steht der Buddhismus weniger für Meditation als für Skandale in den Schlagzeilen.
Dabei wäre Thailand ohne seine Mönche kaum vorstellbar: Sie segnen Autos, eröffnen Kaufhäuser, erscheinen in Talkshows und werben mit Glücksamu¬letten, deren Preise zwischen 50 und 5.000 Euro liegen. Der Glaube ist zur Marke geworden, das Karma zur Währung. Doch jetzt, nach Jahren des unkritischen Schweigens, wächst das Unbehagen. Die Bevölkerung beginnt zu fragen, wo die Grenze zwischen Religion und Geschäft verläuft – und ob jene, die über Moral predigen, selbst noch eine besitzen.
Ein Land auf der Suche nach seinem Glauben
Thailands Buddhismus steht am Scheideweg. Zwischen echter Spiritualität und spirituellem Spektakel, zwischen ehrwürdigen Lehrern und gierigen Hochstaplern.Der Glaube, einst moralische Säule des Königreichs, wankt unter dem Gewicht seiner eigenen Widersprüche. Und während die alten Mönche in Bangkok noch schweigend meditieren, diskutiert die junge Generation längst lautstark auf TikTok über Karma, Korruption und die Frage, ob Buddha wohl auch ein Bankkonto hatte.
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