11.08.2025
Cannabis
Thailands neue Tourismus-Fantasie - Realität auf der Straße
Gefahr Grasgeruch? Weg vom Joint, hin zum Kindergeburtstag!
Es war einmal im Land des Lächelns – und des allgegenwärtigen süßlich-herben Duftes. Thailands einstige „Puff, puff, pass“-Liberalisierung von Cannabis hatte so manchem Backpacker das Herz geöffnet (und die Augen gerötet), während Familien mit Kindern eher die Flucht ergriffen. Nun schlägt die Regierung den Joint zu – Cannabis wird wieder als Betäubungsmittel eingestuft, allerdings mit medizinischem Türspalt. Und siehe da: Die Tourismusbranche klatscht Beifall, als wäre gerade ein störendes Karaoke-Duett verstummt.
Familien statt Vergnügungstouristen
Laut Thienprasit Chaiyapatranun von der Thai Hotels Association war die Legalisierungs-Euphorie zwar ein spannendes Experiment, hat aber für den Massentourismus so viel gebracht wie ein Regenschirm in der Monsunflut. Touristen, die keine Lust auf den Dauerduft von Gras hatten, fühlten sich oft unwohl – ganz besonders Eltern mit Kindern. Cannabis-Shops in jeder Gasse waren da nicht unbedingt das, was man unter „Family-friendly Thailand“ versteht.Darüber, ob Strassen, in denen es viele Hemp-Stores gibt, wie die berüchtigte Khaosan Rd. in Bangkok, die Walking Street in Pattaya oder die Soi Bangla auf Phuket, nun ohne Cannabis ihre Familientauglichkeit besonders erhöhen, kann in Anbetracht der halbnackigen GoGo-Girls und Nachclub-Animateure jedoch gestritten werden. Thienprasit findet, Cannabis-Tourismus sei okay – solange er in hübsche kleine Zonen verbannt wird, weit weg von allem, was nach Kinderwagen aussieht.
Asia-Pacific: Pipi-Tests bei der Heimkehr
Adith Chairattananon von der Association of Thai Travel Agents sieht in der Cannabis-Rückstufung gleich mehrere Pluspunkte. Zum einen schütze man damit Jugendliche davor, das „Gras des Nachbarn“ zu probieren. Zum anderen erinnere er daran, dass in Asien–Pazifik, woher satte 70 % der Touristen stammen, Cannabis schlicht verboten ist.Und manche Länder meinen es ernst: Südkorea etwa gönnt seinen Heimkehrern schon mal einen spontanen Drogentest am Flughafen. Auch China hat die Rückreisekontrolle im Programm. Wer also in Thailand einen harmlosen Brownie mit „Special Zutat“ verputzt, könnte daheim ein eher unschönes Souvenir erleben.
ATTA-Präsident Sittiwat Chewaratanaporn ergänzt, dass die großen Märkte – China, Südkorea, Taiwan, Hongkong, Singapur, Malaysia, Indonesien und Australien – nicht unbedingt nach Cannabis-Selfies suchen. Ein paar Europäer mögen die Pflanze zwar schätzen, doch deren Zahl ist überschaubar. In den sozialen Medien gab es ohnehin Kritik an Thailands bisheriger Liberalität, und einige Regierungen hatten offizielle Reisewarnungen herausgegeben.
Kitti Pornsiwakit von der Association of Thai Tourism Marketing sieht in der neuen Ausrichtung Licht und Schatten. Positiv: Man beruhigt asiatische Gäste, die Angst vor „kontaminierter“ Küche haben, stärkt das Familienimage und kann sich elegant als Wellness-Destination mit medizinischem Cannabis inszenieren. Außerdem senkt es das Risiko, dass Jugendliche ihre Nachmittage in Cannabis-Lounges verbringen.
Negativ: Rund 20.000 Unternehmen, die bislang auf Cannabis gesetzt haben, müssen sich etwas Neues überlegen oder dichtmachen. Und weil die Politik in Thailand so wendig ist wie ein Longtail-Boot im Sturm, könnte die abrupte Kehrtwende Investoren verschrecken.
Mit der Re-Kriminalisierung geht Thailand vom „Amsterdam des Ostens“ zurück zur sanften Wellness-Oase mit Massagen, Kräutertee – und maximal medizinischen Marihuana-Tropfen. Das ist nicht unbedingt ein Gewinn für jeden, aber eine deutliche Ansage an die Hauptmärkte: Bei uns gibt’s Sonne, Strände, Som Tam – und Cannabis nur noch in der Arztpraxis. Wer also im Urlaub kiffen will, muss seine Highs künftig aus der Aussicht, dem Pad Thai oder der Rechnung fürs Resort ziehen.
Kommentar der Redaktion:
Klingt, als hätte die Tourismuslobby hier ein Hochglanzmärchen aus der PR-Abteilung abgegeben – vielleicht sogar unter dem sanften Einfluss eines optimistisch stimmenden Joints, bevor der letzte offiziell verpufft.Es ist schon bemerkenswert, wie man das Land des berüchtigten „Nightlife“ in einen Hort für Kindergeburtstage umdeuten will, nur weil man den Duft von Gras aus den Gassen verbannt. Wer weiß – vielleicht gibt’s demnächst auf der Walking Street eine Disney-Parade. Die Vorstellung, dass ein paar neue Cannabis-Restriktionen Thailand plötzlich in ein gelobtes Familienparadies verwandeln, wirkt ungefähr so realistisch wie ein Wellness-Prospekt aus Pattaya ohne Neonlicht. Familienfreundlich? Sicher – zwischen Go-Go-Girls, Freelancern, Bars, Bierleichen und den freundlichen Schleppern, die an jeder Ecke „special prices“ anbieten.
„Familientourismus“ klingt natürlich wunderbar, wenn man es auf einer Konferenz ins Mikrofon sagt – nur leider hat die Realität in vielen thailändischen Touristenhochburgen ihre ganz eigene Interpretation von „familienfreundlich“. Die angebliche Gefahr durch einen Hauch Cannabisgeruch wirkt da ein wenig selektiv, wenn gleichzeitig Schnapsleichen vor der Bar als normales Stadtbild durchgehen und Ping-Pong-Shows unter der Rubrik „Kulturprogramm“ laufen.
Der eigentliche Clou liegt ohnehin im ironischen Nebeneffekt: Ausgerechnet Cannabis wird jetzt als Premium-Wellness entdeckt – perfekt für den „medizinischen“ Joint im Spa-Menü, vielleicht als Paarangebot für Mutti und Papi, gleich neben der Kräuterdampfbad-Massage, während die Kinder im Bällebad ihre fett grinsende Eltern zurückerwarten.
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